Zusammenfassung
In 4 Fällen wurden nach der intravenösen Infusion von 40—80 ccm Normosallösung schwerste
allgemeine Vergiftungserscheinungen (Schüttelfrost, Erbrechen, Durchfälle, hämorrhagische
Nephritis) beobachtet. Als Ursache wurde bakterielle Verunreinigung der Lösung mit
Saprophyten (Kartoffel- und Heubazillen) festgestellt. Es wird angenommen, daß diese
Saprophyten bei der Bereitung der Lösungen als Sporen, die den üblichen Sterilisierungsmaßnahmen
(Kochen) widerstehen, in die Lösung kamen und dort zu ihren vegetativen, toxinbildenden
Formen auskeimten, wofür die Normosallösung einen besonders günstigen Nährboden darstellt.
Es ist daher die Verwendung einer Normosallösung, die längere Zeit (einige Tage) aufbewahrt
wurde, als gefährlich zu bezeichnen und soll eine Normosallösung stets kurz vor dem
Gebrauch frisch bereitet werden. In einem weiteren Fall, in dem nach endolumbaler
Spülung mit unmittelbar vorher unter den strengsten aseptischen Kautelen bereiteter
Normosallösung etwa eine halbe Stunde später schwere menigeale Reizerscheinungen beobachtet
wurden, wurden aus den an den folgenden Tagen entnommenen Liquorproben Heubazillen
in Reinkultur gezüchtet. Nach Lage der Sache mußte in diesem Falle der Vermutung Raum
gegeben werden, daß die Bazillen bereits in größerer Menge in dem verwendeten Salz
vorhanden waren. Auch in der physiologischen Kochsalzlösung ist bei längerem Stehen
mit einem eventuellen Auskeimen derartiger Sporen zu rechnen. Doch können in dieser
Lösung die Bakterien mit ihren Toxinen durch nochmaliges Aufkochen kurz vor der Verwendung
zerstört werden, was bei der Normosallösung nicht möglich ist. Noch besser ist es,
stets nur frisch am gleichen Tag bereitete Kochsalzlösung zu verwenden.